LINKE gegen Zwangsverpflichtung von Pflegekräften
geschrieben von Gerhard SchraderDie SPD-geführte Große Koalition in Niedersachsen plant weitreichende Verschärfungen der Regeln für künftige Epidemien. So soll es unter anderem möglich werden, Mitarbeiter*innen in medizinischen Berufen zwangsweise für die Bekämpfung von Krankheiten zu verpflichten. Hierzu erklärt Lars Leopold, Landesvorsitzender der niedersächsischen LINKEN: „Statt mit neuen Notstandsgesetzen die Befugnisse der Landesregierung unnötig auszuweiten und Pflegekräfte zwangsweise zum Arbeitsdienst zu rekrutieren, sollte die Landesregierung sich endlich um die Missstände in der Pflege kümmern. Wer mitbestimmen will, was in der Öffentlichen Daseinsvorsorge läuft und was eben nicht, benötigt ein Gesundheitswesen in öffentlicher Hand. So gehören die Privatisierungen im Gesundheitswesen der letzten Jahrzehnte zurückgedreht. Es braucht endlich ein radikales Umdenken. Eine bedarfsgerechte und wohnortnahe Versorgung kann nur gesichert werden, wenn Krankenhäuser aber auch Pflegeinrichtungen in öffentlicher Hand betrieben werden und damit dem Markt und dem ruinösen Wettbewerb entzogen werden. Dazu gehört auch, dass Pflegekräfte nach dem Tarif des Öffentlichen Diensts (TVÖD) bezahlt und durch bedarfsgerechte Personalschlüssel deutlich entlastet werden.“
Pia Zimmermann, pflegepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE, ergänzt: „Was die niedersächsischen Pflegekräfte von Zwangsmaßnahmen halten, haben die in den zahlreichen kreativen Protestaktionen gegen die Zwangskammer und deren mittlerweile abgeschafften Zwangsbeiträge doch sehr eindrucksvoll gezeigt. Statt den Pflegekräften weitere Zwangsmaßnahmen anzudrohen, sollte erst einmal die bereits bestehende Zwangskammer abgewickelt werden. Doch hier kneift die Landesregierung weiter und verschiebt die versprochene Vollbefragung weiter auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Die Lockerungen der Corona-Einschränkungen erlaubt es den Pflegekräften mittlerweile wieder zum Friseur oder ins Restaurant zu gehen, aber die Beantwortung einer simplen Frage wird ihnen weiterhin verwehrt? Die alles entscheidende Frage, ob es eine verpflichtende Mitgliedschaft geben soll, die auch das Ende der Zwangskammer bedeuten könnte, scheut die Landesregierung weiter wie der Teufel das Weihwasser.“
Internationaler Tag der Pflege: Kommentar von Rainer Nagel
geschrieben von Gerhard SchraderMan lernt eben nie aus. Ich zum Beispiel habe in dieser Corona-Krise folgendes gelernt: Systemrelevant sind die schlecht bezahlten Jobs. Jedenfalls wurden die, die den Laden am Laufen halten, ausgiebig gefeiert von der Politik, den Medien oder per „Balkonapplaus“.
Verwirrt bin jetzt allerdings angesichts der Tatsache, dass den Bonus für die „Heldentaten“ des Pflegepersonals keiner so recht bezahlen will. Man feilscht um die 1500,- Euro, die die unterbezahlten Pflegerinnen und Pfleger bekommen sollen!
Verwirrt bin auch ob der Forderung der Autokonzerne nach einer neuerlichen Abwrackprämie. Hatten die superschlauen Weltmarktführer nicht erst vor wenigen Jahren die Hand aufgehalten und stattliche Subventionen kassiert? Können die nicht mehr ohne?
Zeigt doch mal, dass Ihr Eure exorbitanten Gehälter wert seid! Damit meine ich nicht die Kumpels, die in drei Schichten am Band malochen. Ich meine Diess und Consorten. Lasst euch doch mal was einfallen und zwar was anderes als immer größere, aus der Zeit gefallene Luxusschlitten.
Gebt die Knete den systemrelevanten Berufen. Zum Beispiel den Pflegerinnen und Pflegern, den Krankenschwestern, den Ärztinnen und Ärzten in den Kliniken am „Tag der Pflege“ und danach vollere Lohntüten.
Was 75 Jahre nach Befreiung vom Faschismus getan werden muss!
geschrieben von Gerhard SchraderIch überlebte als Mitglied des „Mädchenorchesters“ das deutsche Vernichtungslager Auschwitz und konnte vor 75 Jahren auf dem Todesmarsch der Häftlinge des KZ-Ravensbrück der SS entkommen. Ich bin Vorsitzende des Auschwitz-Komitees in der BRD e.V und Ehrenpräsidentin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten.
Ich fordere: Der 8. Mai muss ein Feiertag werden! Ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten. Und hilft vielleicht, endlich zu begreifen, dass der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung war, der Niederschlagung des NS-Regimes. Dies schrieb ich in einem offenen Brief am 26. Januar 2020 „an die Regierenden und alle Menschen, die aus der Geschichte lernen wollen“.
Die militärische Zerschlagung des Faschismus durch die Alliierten, Partisan*innen und Widerstandskämpfer*innen als Befreiung zu begreifen, bedeutet die richtigen Schlüsse zu ziehen und auch so zu handeln. Es ist nicht hinnehmbar, dass 75 Jahre danach extreme Rechte in allen deutschen Parlamenten sitzen und in immer rascherer Folge Mord auf Mord folgt.
Die Lehren des 8. Mai umzusetzen, bedeutet für uns:
- · AfD, NPD und ihre Verbündeten aufzuhalten,
- · das Treiben gewalttätiger und mordender Neonazis zu unterbinden, ihre Netzwerke in Polizei, Bundeswehr aufzudecken und aufzulösen,
- · einzugreifen, wenn Jüdinnen und Juden, Muslime, Roma und Sinti und andere, die nicht in das Weltbild von Nazis passen, beleidigt und angegriffen werden,
- · Geflüchtete in Deutschland aufzunehmen,
- · die Logik des Militärischen zu durchbrechen und Waffenexporte zu verhindern und
- · die Diffamierung und Behinderung demokratischer und antifaschistischer Gruppen und Organisationen durch Geheimdienste und Finanzämter zu beenden.
Sonntagsreden, die Betroffenheit zeigen, reichen nicht. Es muss gestritten werden für die neue Welt des Friedens und der Freiheit, die die befreiten Häftlinge im Schwur von Buchenwald als Auftrag hinterlassen haben. Ein offizieller bundesweiter Feiertag wäre dafür die regelmäßige Verpflichtung. – Nicht nur, aber eben auch an jedem 8. Mai.
Deshalb: Achter Mai – arbeitsfrei! Zeit für Antifaschismus!
Esther Bejarano und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)
8. Mai 2020 - 75. Jahre Tag der Befreiung
geschrieben von Gerhard SchraderAm 8. Mai 1945 wurde nahezu ganz Europa von Faschismus und Krieg befreit. In Deutschland erlebten in erster Linie die überlebenden Verfolgten, die Tausenden, die noch in den KZ´s eingesperrt waren und Widerstandskämpfer*innen diesen Tag als Befreiung. Aber auch wir alle, die wir heute leben, verdanken die Chance eines Lebens in Frieden, Freiheit und Vielfalt den Menschen, die den Faschismus bekämpften und Nazi-Deutschland besiegten. Die alliierten Streitkräfte sind und bleiben auch unsere Befreier*innen. Mit besonderer Dankbarkeit erinnern wir an den Beitrag, den der antifaschistische Widerstand in Deutschland, in der Emigration, als Teil von Partisan*innenverbänden und in den Streitkräften der Antihitlerkoalition geleistet hat.
Am 8. Mai, den die Überlebenden als »Morgenröte der Menschheit« erlebt haben, wie es der als Jude und Kommunist verfolgte Résistance-Kämpfer Peter Gingold ausgedrückt hat, wollen wir heute an die Hoffnung der Befreiten auf eine Welt ohne Kriege, Elend und Unterdrückung erinnern und diese als Impuls nehmen, weiter an der Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit zu arbeiten, so wie es die befreiten Häftlinge von Buchenwald geschworen haben.
Wir fordern, dass der 8. Mai als Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg endlich auch in Deutschland ein gesetzlicher Feiertag wird. Wir schließen uns der entsprechenden Petition der Holocaust-Überlebenden Ester Bejarano und der VVN-BdA an: https://bit.ly/3c6307L
Sanktionen im SGB II teilweise verfassungswidrig
geschrieben von Gerhard Schrader
Aufgrund eines Vorlagebschlusses vom Sozialgericht Gotha entschied das Bundesverfassungsgericht am 05.11.2019 über die Verfassungsmäßigkeit von Sanktionen aufgrund von Pflichtverletzungen im SGB II
Dabei entschied dass Bundesverfassungericht das Sanktionen nicht grundsätzlich verfassungswidrig sind.
Sanktionen sind lediglich in der Ausgestaltung teilweise Verfassungswidrig.
Die Teilhabe am sozialen, kulturellen, und politischen Leben muss auch bei einer Sanktion gewahrt bleiben.
Das Bundesverfassungsgericht sieht Sanktionen in Höhe von 30 % als Verfassungskonform an.
Bei der Frage ob Sanktion von 60 % verfassungsgemäß sind, führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass diese für die Betroffenen solange unzumutbar sind, bis der
Gesetzgeber wissenschaftlich belegt, dass diese Sanktionen zielführend sind. Aus der mündlichen Verhandlung am 15.01.2019 wurde es mehrheitlich verneint, dass Sanktionen in dieser Höhe der Integration in Arbeit zum Ziel führen.
Die Sanktionen von 100 % sind nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundgesetz unvereinbar. Bei einer Vollsanktion führt dies zum Wegfall der Kranken- und Pflegeversicherung was wiederum zur Verschuldung führt.Dies wiederum führt dazu, dass die Betroffene für die Integration in den Arbeitsmarkt nicht mehr offen sind.
Das Verfassunsggericht führte aus, dass eine Vollsanktion die Grundrechte auf die Menschenwürde nach Artikel 1 GG, der Gesundheit nach Artikel 2 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot nach Artikel 20 GG verstößt. Die Sanktionen verletzen nicht das Grundrecht einer freien Arbeitsplatzwahl nach Artikel 12 GG. Auch stellen Mitwirkungspflichten keine Zwangsarbeit nach Artikel 12 GG dar.
Das Bundesverfassungsgericht hat auch festgelegt, dass jeder Betroffene die Möglichkat haben muss die Umstände zur Pflichtverletzung vortragen zu können. Dies war in der Vergangenheit nicht immer der Fall.
Mitwirkungsaufforderungen die nicht der Integration in Arbeit führt, sind Verfassungswidrig. Die Eingliederungsvereinbarungen muss auf die individuellen Fähigkeiten und die individuelle Lebenssituation des Leistungsberechtigten eingehen und muss regelmäßig überprüft werden. Weiterhin muss diese eine Rechtsfolgebelehrung enthalten. Sanktionen düren nur innerhalb von 6 Monaten nach der Pflichtverletzung verhängt werden.
Das Jobcenter hat nach der Anhörung eine Amtsermittlungspflicht. Somit wurde die Beweislast faktisch umgekehrt. Bisher musste der Betroffe nachweisen dass keine Pflichtverletzung vorliegt.In Zukunft muss der Grundsicherungsträger nachweisen ob eine Sanktion zielführend ist oder nicht. Das Jobcenter kann wenn Sanktionen nicht zielführend sind auf diese verzichten. Sollten Sanktion eine besondere Härte bedeuten, darf nicht sanktioniert werden. Somit haben die Jobcenter bei einer Sanktion das Ermessen auszuüben.
Bis zur Neuregelung des Gesetzgebers hat das Bundesverfassungsgericht folgende Übergangsregelungen festgelegt.
30 % Sanktionen aufgrund einer Mitwirkungsverletzung bleiben bestehen.
Sanktionen aufgrund von Pflichtverletzungen in Höhe von 60 % und 100 % sind unzulässig.
Bei wiederholter Pflichtverletzung darf die Sanktion maximal 30 % der Regelleistung betragen. Die Kosten für Unterkunft und Heizung dürfen nicht gekürzt werden.
Die stare Festlegung von drei Monaten ist unverhältnismäßig. Sollte der Sanktionirte nachträglich seiner Mitwirkungspflicht nachkommen oder wenn dies nicht mehr möglich ist, ernstahft zusichern in Zukunft mitzuwirken darf die Sanktion nur ein Monat betragen.
Das Urteil betrifft nicht Sanktionen aufgrund von Meldeversäumnisse, unwirtschaftliches Verhalten, bei Sperrzeiten, sowie Sanktionen gegen Personen unter 25 Jahren. (siehe Randziffer 114 des Urteils)
Somit sind weiterhin Vollsanktionen gegen Personen unter 25 Jahren möglich. Auch kann aufgrund von Meldeversäumnissen, Sperrzeiten und unwirtschafttlichen Verhaltens
zu einer höheren Leistungsminderung (über 30 %) führen.
Das Bundesministerim für Arbeit und Soziales hat inzwischen eine Vorläufige Dienstanweisung für die Jobcenter erlassen, wonach bis zur Endgültigen Prüfung des Urteils Sanktionsverfahren bei Pfichtverletzungen zwar eingeleitet, aber vorerst zurückgestellt werden sollen.